Das Fotobuch, welches das Leben von Michel Schlegel dokumentiert, trägt den Titel «Auf 2 Rädern». Seit dem Töfflialter ist der Buchser vom Motorradvirus befallen – und zwar richtig heftig.
Mehrere 100000 Kilometer hat er auf Töffs zurückgelegt, auch den Traum aller Biker, die Route 66 von Los Angeles bis Chicago. Oder Enduro-Ferien im thailändischen Dschungel. Oder Passfahrten in Europa. Und und und...
Das Schrauben an alten Motorrädern braucht Zeit, viel Geduld und noch mehr Herzblut. Eine Restauration kann Jahre dauern. Damit erübrigt sich die Frage, ob das ein grosses Geschäft sei. Schlegel sagt:
«Von alten Männern habe ich viel gelernt», sagt der Buchser, unterdessen selber 71-jährig. Er ist Vorstandsmitglied beim Bündner Oldtimerclub BVTC. Schlegel schätzt den Austausch unter den Clubkollegen, die gemeinsamen Ausfahrten auf den knatternden Maschinen – ein Werkzeugset gehört immer dazu – und vor allem die Kameradschaft. Jeder hilft jedem, ob bei Pannen oder bei Schrauberproblemen.
Seit Michel Schlegel mit 62 Jahren in Pension gegangen ist, «brennt» sein inneres Feuer für die alten Maschinen aus England noch stärker. Selbstbewusst sagt er:
Passionierter Töfffahrer, begnadeter Schrauber
Schlegel ist nicht nur ein passionierter Töfffahrer, sondern auch ein begnadeter Schrauber, und als solcher Spezialist für die Restauration alter englischer Motorräder. Seine eigenen Schmuckstücke bewegt und wartet er stetig: Eine Triumph Tiger 500, Jahrgang 1952 und ein Jahr jünger als er selbst; eine Panther 650 (Jahrgang 1964); eine Vespa (Jahrgang 1967). [gallery link="file" ids="30710,30725,30716,30729,30726,30719,30733,30740,30720,30730,30738,30731,30739,30724,30736,30735,30711"]Am Anfang stand eine Royal Enfield von 1948
In einer Motorradfamilie sei er aufgewachsen, erzählt der Buchser. Sein Gesellenstück als Restaurator lieferte er mit Vaters Royal Enfield (Jahrgang 1948) ab. Damit eroberten alte englische Motorräder sein Herz. Auf dem Oldtimermarkt kaufte er sich darauf eine BSA B33 (Jahrgang 1948). Schlegel sagt dazu:Mit ihr habe ich mir die Hörner abgestossen.Der gelernte Werkzeugmacher kam in seiner Schrauberkarriere nur einmal an seine Grenze. Er hatte sich einen Motor für das Ersatzteillager gekauft. Doch dieser erwies sich als so bockig, dass Schlegel schliesslich kapitulierte.
Wer ein Oldtimer-Motorrad fährt, hat immer etwas zu reparieren oder zu warten. Schlegel legt an seiner Panther 650 ccm Hand an.
Bild: Heini Schwendener
Bei Scheunenfunden kaufst du meist die Katze im Sack.Was solche Töffs, die schon Jahrzehnte nicht mehr bewegt wurden, wirklich noch wert sind, erschliesst sich nämlich erst, wenn sie total zerlegt sind. Häufig müssen dann noch einmal 1500 bis 2000 Franken investiert werden – und vor allem unzählige Arbeitsstunden.
«Mein Ziel ist es, die alten Motorräder möglichst original zu erhalten.»
Doch solche Herausforderungen spornen Michel Schlegel an. «Mein Ziel ist es, die alten Motorräder möglichst original zu erhalten und zu bewegen, denn sie sind Zeitzeugen.» Bei der Arbeit ist der Schrauber detailversessen. Originalteile zu finden oder gar originalgetreu nachzubauen, kann Monate in Anspruch nehmen. Das Internet erweist sich für Schrauber wie Michel Schlegel als Segen. Denn irgendwo auf der Welt findet sich immer jemand, der mit Material, mit wertvollen Tipps oder mit Aufmunterung aushelfen kann.
Detail aus dem Motor der Panther 650 ccm, die Michel Schlegel seit etwa zwei Jahren fährt.
Heute würde es mir nicht mehr passieren, dass ich vor einem Motor kapituliere. Man darf einfach nie aufgeben.
Ein Bier und die Schönheit der Oldtimer geniessen
Systematisch geht der Hobbyschrauber seine Aufgaben an. Zuerst wird immer der Motor komplett zerlegt und restauriert. «Es macht keinen Sinn, beispielsweise an einem Radlager zu schrauben, wenn man nicht die Gewissheit hat, dass der Motor auch wirklich knattert.» Der Selfmade-Oldtimermechaniker setzt sich manchmal einfach mit einem Bier in seine Werkstatt, bestaunt die Maschine, an der er schon seit Monaten schraubt und sinniert über Lösungsmöglichkeiten eines mechanischen Problems nach.Doch noch eine Triumph Trident?
Hat Michel Schlegel in seinem Leben auf und mit zwei Rädern eigentlich alles erreicht? Zwei Träume gibt es schon noch.Bei einer 3-Zylinder Triumph Trident aus den späten 60-er Jahren werde ich vielleicht noch einmal schwach.Und dann ist da noch die Isle of Man Classic. Doch bis dahin sind es 1600 Kilometer. Etwas gar weit für einen Oldtimer.
Der Töffschrauber Michel Schlegel «brennt» für knatternde Oldtimermotoren